«Mich überrascht, dass kaum etwas aktiv getan wird»
Wir haben uns mit Gabriella Alvarez-Hummel über die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen unterhalten und warum so wenig dafür getan wird. Die Journalistin und Aktivistin unterstützt EVA im Advisory Board.
Du bist Journalistin. Was ist dein Bezug zu Finanzen?
Als Selbständige musste ich mich zwangshalber mit dem Thema beschäftigen, weshalb ich mir schon früh Hilfe in Form einer Treuhänderin respektive Buchhalterin geholt habe. Was ist also mein Bezug? Sagen wir es so: Ich nehme das Thema ernst und versuche, es proaktiv anzugehen.
Was ist deine persönliche Motivation, das Projekt im Advisory Board zu unterstützen?
Dazu eine kleine Geschichte: Mein Mann und ich haben eine gemeinsame Kollektivgesellschaft, über die wir unsere Einnahmen als Selbstständige abwickeln. Als wir uns damals – noch unverheiratet – auf der Suche nach einer passenden Unternehmensform von einem Treuhänder beraten liessen, empfahl er: Mein Mann solle doch eine Einzelfirma machen und ich könne dann da mitarbeiten. Darauf hätte ich fast die Heirat abgeblasen, weil ich plötzlich Angst bekam, auf einmal völlig abhängig von meinem Mann zu werden. Die Moral der Geschichte: Mir persönlich ist es wichtig, finanziell unabhängig zu sein. Und ich hoffe, dass ich hier dazu beitragen kann, dass insbesondere Frauen ihre finanzielle Situation bewusster reflektieren und entsprechend gute Entscheidungen treffen können.
Wie ist das Management der Finanzen bei euch zu Hause geregelt?
Ich bin verheiratet. Ehrlicherweise macht er die Buchhaltung, weil mich das Abfüllen zu Tode langweilt. Ansonsten treffen wir alle Entscheidungen gemeinsam – in einem monatlichen Finanzmeeting.
Welche Zahlen oder Fakten haben dich überrascht?
Mich überraschen weniger die Zahlen, respektive die ganzen Gaps, die es gibt, sondern viel eher die Tatsache, dass kaum etwas aktiv gegen sie getan wird. Es ist, als überliesse man es auch hier den Frauen, selber aktiv zu werden.
Was können Frauen tun, damit sie finanziell unabhängiger werden?
Die richtigen Leute in die Politik wählen. Neben einigen anderen Dingen – dafür ist ja EVA da!
Und wo siehst du in der Gesellschaft Handlungsbedarf?
Wenn ich anfange, höre ich nicht mehr auf. Ich empfehle dazu das Buch «Die Erschöpfung der Frauen» von Franziska Schutzbach.
Welche Unterschiede siehst du als Liechtensteinerin in Zürich zwischen der Schweiz und Liechtenstein?
Kaum welche, ehrlich gesagt. Die Gaps sind ja in etwa vergleichbar. Ausser natürlich, dass Abtreibungen in Liechtenstein noch immer verboten sind.
Gabriella Alvarez-Hummel schreibt. Als freie Journalistin und Texterin liegt ihr Fokus auf Gesellschafts- und Genderthemen. Als Autorin ist sie in unterschiedlichen Kontexten zu lesen und auf der Bühne zu sehen. Sie lebt in Zürich und am Walensee.